Pressekonferenz: „Ich sehe mehr Licht als Schatten“ Gerd Müller – der Entwicklungsminister und die Flüchtlingskrise
Am gestrigen Montag fand sich der für Entwicklung zuständige Minister Dr. Gerd Müller im PresseClub München ein, um über die Frage „Kann Entwicklungshilfe die Flüchtlingsströme eindämmen?“ zu diskutieren. Konkret ging es darum, wie und ob das Bundesministerium für Entwicklung und Zusammenarbeit (BMZ) konfliktbelasteten Ländern wie dem Irak dabei helfen kann, das Land wiederaufzubauen.
Zunächst jedoch referierte der Minister über das Textilbündnis, das vor 18 Monaten gestartet worden ist. Dabei sollen Unternehmen der Textilbranche dazu motiviert werden, sich freiwillig zu verpflichten, ihre Wertschöpfungsketten offenzulegen und die Produktionsweisen auf Mindeststandards zu überprüfen und gegebenenfalls daran anzupassen. Diese freiwillige Vereinbarung sei eine „Blaupause, wie man Globalisierung gerecht gestalten muss, in den Wertschöpfungsketten dieser Welt“. Ziel sei es, an jedem Punkt der Wertschöpfung von der Ernte der Baumwolle über das Färben bis hin zum Einnähen der Etiketten Standards garantieren zu können. Langfristige Verträge sollen zudem den Produzenten zukünftig mehr Sicherheit bieten und dazu genutzt werden, Schulungen und Fortbildungen für eine bessere und effizientere Produktion anzubieten und die Erkenntnisse daraus umsetzen zu können. Mittlerweile seien schon 25 Firmen dem Bündnis beigetreten. Ähnlich einer Blaupause, so betonte Müller immer wieder, sollen positive Ermunterung und Feedback weitere Firmen dazu bringen, sich dem Bündnis anzuschließen. So können die Unternehmen zu verbesserten Produktionsbedingungen an allen Gliedern ihrer Wertschöpfungskette beitragen.
Beim Themenschwerpunkt Flüchtlingskrise lag der Fokus auf der Betrachtung der fluchtauslösenden Ursachen in den Herkunftsländern. Er betonte immer wieder, dass in den vergangenen Jahren zu wenig beziehungsweise gar nichts unternommen worden sei, um verschiedenste Gründe, die eine Flucht auslösen können, zu bekämpfen. Ein Beispiel stelle die Dürrekatastrophe in Syrien und den angrenzenden Nachbarländern dar, die zu einer Land-Stadt-Wanderung führten. Verschärft würde das durch den Konflikt im Irak mit vielen Flüchtlingen, die ebenso in die Zentren Syriens reisten. Auch dass das Thema Flüchtlinge in Europa für Jahre oder sogar für Jahrzehnte on-top sein wird, betonte der Entwicklungsminister.
Entwicklungshilfe soll dahingehend eingesetzt werden, die Menschen vor Ort zu unterstützen, um die Bedingungen auch für Rückkehrer besser zu gestalten. Cash for Work sei ein Projekt, das den Wiederaufbau in den Ländern vorantreiben soll. Dabei fiel der Irak immer wieder als Beispiel. Da 80 Prozent des Landes befriedet seien, wäre es dort möglich, den Wiederaufbau zu starten. Ziel sei es, die Menschen der Länder Afrikas zu Selbstversorgern zu machen und ihnen das nötige (Hand-)Werkzeug zur Verfügung zu stellen und Good Governance zu etablieren. Darunter würde auch die Vernetzung mit Forschungsinstituten fallen, die sich mit ihren Technologien und Know-how einbringen könnten, um zum Beispiel Bodenuntersuchungen für die optimale Bewirtschaftung von Agrarflächen durchzuführen. „Damit schaffen wir, glaube ich, riesen Sprünge in Richtung einer Welt ohne Hunger und das ist eines der grundlegenden Menschenrechte, das Recht auf Leben und das Recht auf Nahrung.“ so Gerd Müller. Auch die Umschichtung von Geldern war immer wieder Teil der Argumentation Müllers. Lediglich 10 Milliarden Euro, die die Weltgemeinschaft aufbringen müsste, seien notwendig, um Länder wie den Irak zu stabilisieren. Demgegenüber stünden 25 Milliarden, die die Bundesregierung bereit ist, jedes Jahr für die Flüchtlinge in Deutschland aufzuwenden. Die Welt- und insbesondere die europäische Wertegemeinschaft – wird vom Entwicklungsminister dabei angesprochen, denn die Länder, die nicht bereit sind, Flüchtlinge aufzunehmen, sollten ihren Beitrag dazu leisten, die Situationen in den Herkunftsländern zu stabilisieren. Jedoch sei es „beschämend bis enttäuschend was hier abläuft […] wir brauchen Verantwortlichkeiten […] wir brauchen einen Koordinator, einen Flüchtlingskoordinator“. Wichtig sei es generell ein FAIR-Handelsabkommen, statt ein Freihandelsabkommen zu beschließen und so eine gleichwertige Partnerschaft zwischen den Ländern und Wertegemeinschaften aufzubauen, um so Sicherheit, Stabilität und Zukunftsperspektiven bieten zu können. „Wir können auch das Licht in diese Regionen bringen“ so der Entwicklungsminister.
Die Vorsätze und Darlegungen konnten jedoch nicht den faden Beigeschmack überlagern, der bei dem Gedanken aufkommt, dass das sich alles schwer nach Zukunftsmusik anhört und es fraglich ist, was, wie viel davon und wann umgesetzt wird. Themen wie nachhaltige Produktion, faire Preise, faire Handelsabkommen sind nicht neu, sondern einfach immer noch nicht umgesetzt.
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