Blutdiamanten & Palmöl – Ressourcen, die einem Land nichts nützen
Durch den Bürgerkrieg in Sierra Leone (1991 – 2002) und das weltweit gestiegene öffentliche Interesse an dem Konflikt, sah sich die Regierung des Landes gezwungen, eine Zertifizierung von gehandelten Diamanten vorzunehmen. Damit sollte garantiert werden, dass die Steine nicht aus der Hand von Rebellen stammen. Dem vorausgegangen war ein Handelsembargo von Blutdiamanten durch die UN, in dem die Geldmittelzufuhr und somit die Finanzierung von südafrikanischen Söldnertrupps erschwert worden war. Sie hatten die Regierung im Kampf gegen die Revolutionary United Front (RUF) unterstützt. Genauso geriet auf der Seite der Rebellen die jahrelang stabile Kriegsökonomie ins Wanken. 1) bpb: Konfliktrohstoff Diamanten – 14.01.2016
In den Jahren nach der Befriedung zeigte sich jedoch, dass die Zertifizierung durch das sogenannte Kimberley-Abkommen einige gravierende Mängel enthält. Die internationalen Konsumenten können zwar beruhigt sein, dass ihre Steine nicht von Rebellen stammen. Schlechte Arbeitsbedingungen, Umweltverschmutzung oder das Ausbleiben von versprochener Unterstützung der Region durch die Investoren, werden dabei jedoch nicht berücksichtigt. Zusätzlich fehlen Kontrollmechanismen, die überwachen, ob Steine aus Konfliktländern nicht doch ins Nachbarland geschmuggelt werden. Dort werden sie manchmal zertifiziert und für den internationalen Handel als unbedenklich eingestuft. Die internationale Nachfrage befeuert dabei die vorherrschenden Bedingungen. 2) time: blood diamonds – 14.01.2016 3) medico international: Sierra Leone: Unvergänglich – und mit Blut befleckt – 14.01.2016
Hemmend wirkt auf die Ökonomie und damit auf die Entwicklung des Landes die geringe Versteuerung beim Export der Steine und günstige Schürfkonzessionen für die Diamantenkonzerne. Dringend benötigte Einnahmen im Bildungssektor bleiben aus. Vor allem nach der Ebolakrise in den vergangenen zwei Jahren, bräuchte es dringend Gelder im Gesundheitswesen, die theoretisch zu einem Anteil über die Einnahmen aus dem Diamantenhandel generiert hätten werden können. Die Probleme, die unter anderem Auslöser für den Krieg waren, wurden nicht behoben. Durch Schmiergelder konnten sich Investoren günstig Landrechte sichern, auch wenn es mittlerweile Gesetze gibt, die der Korruption entgegenwirken sollen. Die finanzielle Unterstützung einzelner ausländischer Unternehmen im Krieg basierte auf dem Gesichtspunkt, Schürfkonzessionen in Aussicht gestellt zu bekommen. 4) Institut für Ökonomie und Ökomene Südwind: Der härteste Stoff der Welt – Globaler Diamantenhandel von DR Kongo und Sierra Leone über Indien nach Deutschland – nicht mehr verfügbar 5)transparency international: People and Corruption: Afrika Survey 2015 – Global Corruption Barometer – 14.01.2016 Die Diamanten waren Jahrzehnte lang quasi an der Oberfläche und mussten nur aufgesammelt werden. Mittlerweile geht man davon aus, dass die äußere Schicht „abgeerntet“ ist. Die Minenbetreiber setzen nun schwere Maschinen ein, um an die tieferliegenden Vorkommen zu gelangen. Dabei müssen auch Sprengungen vorgenommen werden, die größere Flächen, auch außerhalb der Minen, für eine landwirtschaftliche Nutzung unbrauchbar machen. 6) Institut für Ökonomie und Ökomene Südwind: Der härteste Stoff der Welt – Globaler Diamantenhandel von DR Kongo und Sierra Leone über Indien nach Deutschland – nicht mehr verfügbar
Ein weiterer Aspekt, der den entwicklungspolitischen Zusammenhang zwischen dem Überseehandel und der Lage in Sierra Leone verdeutlicht, ist der Landraub durch ausländische Firmen, um günstig Palmöl und Zuckerrohr zu produzieren. Gerade der „Alleskönner“ Palmöl ist aus den Supermarktregalen nicht wegzudenken. 7) Christan Aid: Who is benefitting? Sierra Leone – nicht mehr verfügbar
Durch eine vermehrte Agroindustrie in den ländlichen Gebieten verändert sich nicht nur die Nutzung der Flächen, sondern auch der Anbau und die Produktion von Nahrungsmitteln. Sie reicht für die lokale Bevölkerung, die vorwiegend von Subsistenzwirtschaft lebt, nicht mehr aus. Die Folgen daraus sind eine weniger facettenreiche Ernährung. Auf viele selbstverständliche alltägliche Naturalien muss verzichtet werden, da viele der zuvor selbst angebauten Nahrungsmittel mindestens den doppelten Preis kosten. Es kommt zu einer Mangelernährung, wichtige Mineralien und Vitamine können nicht mehr aufgenommen werden. Nebenprodukte, die durch den Landbesitz verwertet oder verkauft werden konnten, wie z.B. Holz, müssen nun gekauft werden und verursachen zusätzliche Kosten. Die Ablösezahlungen für die Anbauflächen entsprechen nicht annähernd dem eigentlichen Wert des gekauften Landes 8) theguardian: Sierra Leone’s smallholder farmers ‚worse of‘ after large land deals – 14.01.2016 Versprechungen seitens der Investoren, die lokale Bevölkerung auf den Feldern anzustellen, werden nur in einem geringen Umfang erfüllt. Dabei wird bei den Verhandlungen gerne die Win-Win-Situation herausgestellt, die durch den Verkauf und die Ansiedlung eines Unternehmens für die Menschen vor Ort entstehen würde. Transparenz bezüglich des wahren Wertes eines Feldes und den darauf angebauten Pflanzen, zuzüglich der zukünftig ausbleibenden Einnahmen durch den Verkauf der Ernte, ist nicht gegeben. Teilweise werden die Felder getauscht. Oftmals weisen sie dabei schlechtere Bodenbeschaffenheiten auf und sind schon allein aufgrund größerer Entfernungen aufwendiger zu bestellen. Subsistenzwirtschaft ist dabei kaum mehr möglich und Familien, die sich durch den Anbau auf den eigenen Feldern ernähren konnten, fehlt nun das Geld um alle Mitglieder zu versorgen, wie z.B. die Eltern.
Was bleibt dann noch übrig, wenn das Land, das ursprünglich dazu diente, eine ganze Familie zu versorgen, nicht mehr Eigentum ist, oder man sich nicht zu den wenig Glücklichen zählen darf, die in der Agroindustrie für einen schlechten Tageslohn arbeiten? Generell sind die Chancen auf dem Arbeitsmarkt schlecht, wenn die Ausbildung auch noch rudimentär ist. Die weltweite Nachfrage nach Palmöl und Zuckerrohr bestimmt das Angebot und damit die Bedingungen, unter denen gearbeitet wird. In diesem Zusammenhang wirkt es beinahe schon lächerlich, dass die Weltbank Investitionen in die Agrarwirtschaft als Entwicklungshilfe bezeichnet. 9) Christan Aid: Who is benefitting? Sierra Leone – nicht mehr verfügbar 10) BR: „Brot im Tank“ – „Land Grabbing“ in Sierra Leone – nicht mehr verfügbar
Fußnoten und Quellen:
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